Wo 40 Nonnen sittsam lebten
Muldentaler Sammlungen und Geschichte
Ruine des einstigen Klosters in Nimbschen erhält während
der Luther-Dekade besondere Bedeutung

Nimbschen (sho). Es war im Jahr 1243, als der Wettiner Markgraf Heinrich der Erlauchte (1221-1288) wahrscheinlich in Torgau das Nonnenkloster Marienthron gründete. Um 1250 kamen die Nonnen nach Grimma und hielten sich zuerst wohl in einem Hospitalgebäude auf. Etwa 1291 zogen sie in ein neu errichtetes Kloster bei Nimbschen.
Seit Ende des 13. Jahrhunderts waren hier im Zisterzienserinnenkloster Nimbschen jeweils rund 40 Nonnen untergebracht, vor allem Mädchen aus verarmten adeligen Familien. Sie wurden in die Klostermauern eingeschlossen und mussten nach den Regeln des Klosters leben. Oft waren es noch Kinder. Auch Katharina von Bora, die berühmteste Nonne des Klosters Nimbschen. Mit zehn Jahren, 1509, wurde sie Klosterjungfrau.
Das Klostergebäude war eine kleine Welt für sich und befriedigte seine Bedürfnisse durch eigene Wirtschaft. Neben dem Gotteshaus gab es zahlreiche Wirtschaftsgebäude, Ställe für Pferde, Rinder, Schweine und Geflügel oder die 1800 Schafe. Außerdem Unterkünfte für die Knechte und Mägde und die Hirten. Es arbeiteten hier Mäher, Drescher, Holzhauer oder eine Käsemutter.
Das Kloster selbst hatte zwei Gebäudekomplexe, die Propstei und die Klausur. Die Propstei schloss sich um den äußeren Klosterhof und umfasste die Wohnung des Vorstehers, die Behausung des Verwalters, das Predigerhaus und anderes. Es gab auch ein Brauhaus, ein Backhaus, ein Schlachthaus, eine Schmiede und eine Mühle. Die Nonnen selbst lebten in der Klausur, dem zweiten Gebäudekomplex, der im Viereck um einen kleinen Hof gebaut war. Dort fand man die Kirche, das Refektorium (Speisehaus), das Schlafhaus mit den Zellen und den Konvent (das Versammlungshaus). Am 8. Oktober 1515 wurde Katharina von Bora eigesegnet, sie legte das Klostergelübde ab. Fast das gesamte Leben im Kloster bestand jetzt aus Beten, Singen und Lesen.
Kaum ein Jahr später schlug der Augustinermönch Martin Luther in Wittenberg die 95 Sätze gegen den Ablass an. Die Ereignisse drangen auch nach Grimma und ins Kloster Nimbschen. Ein besonderer Anhänger Luthers war der Ratsherr und Kaufmann Leonhard Koppe in Torgau. Bei ihm kaufte das Kloster Nimbschen viele Waren ein, und er kam mit seinem Wagen oft selbst nach Nimbschen. Mit seinen Waren konnte Koppe leicht Schriften von Luther einschmuggeln und auch Briefe aus dem Kloster nach außen bringen.
Es gab neun Nonnen in Nimbschen, die sich einig waren, aus dem Kloster auszutreten: Magdalena von Staupitz, Elisabeth von Kanitz, Veronika und Margarete von Zetschau, Loneta von Gohlis, Eva Große, Ave und Margarete von Schönfeld und Katharina von Bora. Doch der Wunsch auf Austritt aus dem Kloster wurde abgelehnt. So fassten Koppe und Luther den Plan, die Befreiung der neun Nonnen zu Ostern 1523 zu organisieren. Die Klosterjungfrauen konnten sich auf Koppes Wagen schmuggeln, nach Torgau und weiter nach Wittenberg flüchten. Wie bekannt, wurde nach einiger Zeit in Wittenberg die einstige Nonne Katharina von Bora die Frau von Martin Luther. Sie hatten zusammen sechs Kinder und führten eine gute Ehe, in der Katharina oft das Sagen hatte.
Das Kloster Nimbschen gab es nach der Nonnen-Flucht nur noch 13 Jahre lang. Von den ehemals 40 Nonnen waren gerade noch neun Frauen im Kloster übrig, als die letzte Äbtissin Margaretha II. im Jahr 1536 starb. Das Kloster als geistliches Institut wurde daraufhin aufgelöst. Der Wirtschaftsbetrieb wurde noch vom Klosterverwalter fortgeführt, bis im Jahr 1542 der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen das Klostergut verpachtete.
Heute erinnert eine Ruine an das einstige Kloster Nimbschen. Es sind nur noch ein Teil des ehemaligen östlichen Konventsbaus, ein Brunnen, die westliche Klostermauer und der Keller des Abtshauses erhalten. Doch während der gegenwärtigen Luther-Dekade erhält es besondere touristische Bedeutung. Im vergangenen Jahr wurde ein neues Schild an der Klosterruine angebracht. Der Betreiber des Hotels Kloster Nimbschen, Fred Urban, kümmert sich besonders um die Pflege der Ruine und das Gelände. Erst vor wenigen Wochen legte er hier den Grundstein für eine kleine Kapelle.
Bei der Stadt Grimma gibt es jetzt gemeinsam mit einem Planungsbüro Vorstellungen, in den nächsten Jahren die historischen Grundmauern des einstigen Klosters wieder sichtbar zu machen. Durch eine neue Gestaltung des Geländes sollen die Besucher auf einem Rundweg durch das einstige Klostergelände geführt werden. Auch weiterhin soll das Umfeld der Klosterruine für Theateraufführungen und andere anspruchsvolle Kulturveranstaltungen genutzt werden.
Im Muldental gibt es viel Sehenswertes zu entdecken: In Museen, Galerien, Schlössern, aber auch Geschichte(n) von historischen Gebäuden. Dabei kann man immer wieder staunen und die Einsicht in die Lebensweise unserer Altvorderen vertiefen. Diese Serie will dienstags davon einen kleinen Eindruck vermitteln.

 
Zeitgenössischer Martin Luther: Fred Urban, Chef des Hotels Kloster Nimbschen, schlüpft bei Führungen oft in die Gestalt des Reformators. Foto: privat

 
Im Winterkleid: Die Klosterruine in Nimbschen ist zu jeder Jahreszeit sehenswert. Der Betreiber des angrenzenden Hotels kümmert sich um die Anlage. Foto: Andreas Röse

LVZ Muldental 28. Dezember 2010